11.04.2022 | sia online | Laurène Kröpfli

«News»: Teuerung und Lieferverzögerungen infolge des Krieges in der Ukraine

Es zeigt sich, dass der Krieg in der Ukraine infolge steigender Energiepreise die Inflation weiter antreibt. Ausführende Ingenieurinnen und Architekten sehen sich möglicherweise mit höheren Preisen und Lieferengpässen konfrontiert. Wie dem begegnen?

Aus juristischer Sicht gilt bei Teuerung und steigender Preise weiterhin, wie auch zu Covid-Zeiten: Verträge sind einzuhalten. In diesem Zusammenhang verweist der SIA auf seine Stellungnahme vom 27. September 2021 in Bezug auf die Teuerung infolge von COVID-19.

Ist aufgrund von Lieferausfall oder Lieferverzögerungen die Erfüllung der Vertragspflicht überhaupt nicht mehr, oder nicht mehr durch den Schuldner möglich, weil beispielsweise aufgrund des Krieges in der Ukraine eine Einstellung der Produktion erfolgt ist oder eine notwendige Maschinenkomponente aufgrund weltweiter Knappheit gar nicht mehr beschafft werden kann, so erlöscht die von der Unmöglichkeit betroffenen Vertragsleistung nach Art. 119 OR. In der Konsequenz ist die Lieferantin von der Lieferpflicht befreit und der Käufer hingegen auch nicht mehr zahlungspflichtig. Eine tatsächliche Unmöglichkeit müsste der Unternehmer beweisen können. In einem solchen Fall dürfte es zweckdienlich sein, eine Bestellungsänderung vertraglich zu vereinbaren. In diesem Fall muss die Bestellerin beziehungsweise die Bauherrschaft allfällige damit verbundene Mehrkosten tragen.

Eine für anwendbar erklärte SIA-Norm 118 hält in Art. 61 fest, dass ein Unternehmer keine zusätzliche Vergütung erhält, wenn die Baustelle aus marktwirtschaftlichen Gründen stillgelegt werden muss, z. B. infolge Materialknappheit, ausser eine solche ist explizit im Vertrag vorgesehen.

Gemäss Art. 96 der SIA-Norm 118 besteht Anspruch auf Erstreckung der vertraglichen Pflichten, wenn sich die Ausführung des Werkes ohne Verschulden des Unternehmers verzögert, obwohl dieser die zusätzlichen Vorkehrungen, zu denen er nach Art. 95 verpflichtet ist, getroffen hat. Der Anspruch entsteht nur, wenn der Unternehmer die Bauleitung unverzüglich über die Verzögerung informiert hat. Wurde die SIA-Norm 118 nicht für anwendbar erklärt und kann dem Werkvertrag keine Vereinbarung bezüglich Lieferverzögerungen oder dergleichen entnommen werden, so sind die Bestimmungen des Obligationenrechts (Art. 102 ff. und Art. 366 ff. OR) über den Schuldnerverzug anwendbar. In diesem Fall gilt: Der Besteller hat dem Schuldner eine Mahnung zu schicken, welche die Verzögerung der Bauarbeiten oder dergleichen zum Betreff hat. Dem Schuldner ist unbedingt eine Nachfrist für die Erfüllung seiner vertraglichen Leistungen anzusetzen. Verwirkt die angesetzte Frist, kann der Besteller von seinem Wahlrecht gemäss Art. 107 Abs. 2 OR Gebrauch machen. In diesem Zusammenhang dürfte es empfehlenswert sein, sich juristisch beraten zu lassen. Noch besser: Das Gespräch mit dem Vertragspartner suchen!

 

Empfehlung des SIA
Gerade im Hinblick auf künftige Verträge ist es derzeit wichtig, Transparenz und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen, indem beispielsweise im Vertrag eine Teuerungsregelung vereinbart wird, wie sie die SIA-Teuerungsnormen SIA 122 bis 126 vorsehen.

Der SIA appelliert an eine konstruktive Zusammenarbeit. Bestehende Verträge sind mit Augenmass und gegenseitiger Rücksichtnahme um- beziehungsweise fortzusetzen.