15.12.2017 | sia online | Hans Georg Bächtold

Herausforderung Gebäudepark

Kürzlich fand in Winterthur das fünfte Swiss Green Economy Symposium statt. Das Motto lautete: «Grenzen überschreiten». Der SIA unterstützt den Anlass und übernahm die Moderation des Innovationsforums Bauen & Energie.

Die rund 800 Teilnehmenden erlebten einen abwechslungsreichen Kongress. ETH-Präsident Prof. Lino Guzzella legte, wie wichtig eine massive Reduktion des CO2-Austoss ist. Aufgabe der Hochschulen ist es, das Weltwissen zu bündeln, den Studierenden zugänglich zu machen und sie bei unternehmerischen Initiativen zu unterstützen. Dann ging er auf den Bausektor ein, der in puncto Produktivität hinter der Gesamtwirtschaft herhinkt. Hier seien Innovationen nötig. Advanced-Manufacturing-Verfahren könnten für einen Entwicklungsschub sorgen. ETH Zürich und EMPA seien mit dem Arch Tech Lab bzw. der NEST-Plattform weltweit vorne mit dabei. «Neue Technologien eröffnen Architekten völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten». Wie wichtig der Gebäudesektor für eine nachhaltige Zukunft ist, zeigte auch Siegfried Gerlach auf, CEO von Siemens Schweiz. Der Konzern investiert rund 100 Millionen Euro, um bis 2030 CO2-neutral zu werden.

Innovation fördern
Am Nachmittag wurden im Rahmen von 17 «Innovationsforen» spezifische Themen vertieft. SIA-Geschäftsführer Hans-Georg Bächtold moderierte das Forum Bauen&Energie. Er griff in seiner Einführung den Stellenwert der Gebäude in der aktuellen Diskussion zur Erreichung der Energiestrategie auf: Fossilfrei und ressourcenschonen ist das Ziel des SIA. Das Innovationsforum beschäftigte sich in drei Modulen mit den Ebenen Gebäude-Areale-Stadt, mit dem „Bauen für die Energiezukunft“, mit dem Thema „Energiestrategie und Urbanität“ (ein Zukunftsmodell) und schliesslich mit der „Digitalisierung des Gebäudeparks“ (was bringt das smart building?).

Der Gebäudepark der Schweiz ist mit seinem Energieverbrauch (rund 50% des nationalen Gesamtenergieverbrauchs) ein zentraler und wirkungsvoller Hebel für die Umsetzung der Energiestrategie. Insbesondere der hohe Anteil Ölverbrauch (46%) muss und kann reduziert werden. Die Referenten Hans Goverde, Partner/Architect, Kraaijvanger Architects, Rotterdam und Peter Wicki, Leiter Portfolio Management, SBB Immobilien zeigten zielführende Wege, um insbesondere den unnötigen Ölverbrauch zu reduzieren.

Städte und Areale bieten sehr gute Möglichkeiten für ganzheitliche Modelle und Ansätze zur Reduktion des Energieverbrauchs, so Heinrich Kunz, Development Director, Swiss Prime Site Immobilien AG. Die Umsetzung müsse allerdings noch hartnäckiger angegangen werden. Kunz wies darauf hin, dass die Schweiz heute die Technologien und die Kompetenzen hat, um die Klimaziele mühelos zu erfüllen.

Den Menschen vor Ort wieder mehr Verantwortung in die Hand zu geben, dafür sprach sich der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried aus. Er sähe die Quartiere der Städte gerne erstarken, als Handlungsebene unterhalb von Kanton und Stadt. Die Energiegewinnung an den Gebäuden ist weiterzuentwickeln und Konflikte (z.B. Solaranlagen und Bepflanzung) sind zu vermeiden (Dr. phil. Stephan Brenneisen, Leiter Forschungsgruppe, Stadtökologie, ZHAW). Wie wohnen wir in der Zukunft? Die Digitalisierung bietet in Zukunft ein noch wesentlich grösseres Potenzial für Energieeinsparungen im Gebäudepark – aber auch für die Erhöhung des Wohnkomforts, der Lebensdauer und der Sicherheitsansprüche der Bewohnerinnen und Bewohner. In diesem Bereich steht die Entwicklung noch am Anfang. Daniel Oberholzer, Verkaufschef Schweiz des Unternehmens digitalSTROM AG berichtete über Treiber der Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft; die Herausforderungen der Digitalisierung lägen in der Gebäudetechnik, bei den Haushaltgeräten, unterschiedliche Lebenszyklen und nicht zuletzt Datenschutz und Datensicherheit. Unter den Anwesenden bestand Einigkeit, die Digitalisierung wird rasch zu Wandel und Veränderungen im Gebäudebereich führen. Doch blieben auch Fragen offen: Wie lange soll ein Gebäude im Gebrauch sein bis zum Ersatz? Welchen Einfluss auf die Stadtentwicklung haben in Zukunft die Mobilität und die Digitalisierung?


Hans Georg Bächtold, Dipl. Forst-Ing. ETH/SIA - Raumplaner ETH/NDS, Geschäftsführer des SIA hans-georg.baechtold(at)sia.ch

NEST Dübendorf. Foto SIA/Empa