20.01.2012 | tec21 | Stefan Cadosch

Grusswort des Präsidenten

Wo steht der SIA 175 Jahre nach seiner Gründung? Im Nachfolgenden erläutert der neue SIA-Präsident seine Sicht der Dinge und wünscht sich «wache, aktive, fordernde und auch unbequeme Mitglieder».

Geneigte Leserinnen und Leser,
liebe SIA-Mitglieder

Ein neues Jahr ist eingeläutet und vielen Hoffnungen und guten Wünschen stehen wie so oft auch einige düstere Gewitterwolken gegenüber: Wohin führen die vielschichtigen Probleme der Schuldenkrise, wer wird wie stark in einen negativen Sog geraten, wie wirkt sich der kaum schwächer werdende Franken auf unsere Wirtschaft und unser aller Aktivitäten aus? Ohne Zweifel sind griffige Strategien, weitsichtige Allianzen und hartnäckige Umsetzungsbestrebungen gefragter denn je.

Das neue Jahr steht für den SIA aber auch im Zeichen eines grossen Jubiläums: Rund elf Jahre bevor sich der schweizerische Bundesstaat im Jahre 1848 mit der Bundesverfassung konstituierte, wurde die damalige «Gesellschaft Schweizerischer Ingenieure und Architekten» aus der Taufe gehoben. Man stand am Anbeginn der grossen industriellen Revolution, ungeheuerliche Erfindungen und technische Neuerungen prägten die Gesellschaft, eine unbeschreibliche Aufbruchstimmung und ein fast unerschütterlicher Glaube an den Fortschritt begleitete die Entwicklungen. Ingenieure, Baumeister, Architekten und findige Köpfe aller Art waren gefragt wie nie. Da lag es auf der Hand, dass diese Berufsgruppen zu den ersten gehörten, die sich unter dem Dach eines starken Berufsverbandes formierten.

Heute, 175 Jahre später, blicken wir auf eine bewegte Geschichte zurück: Die Erweiterung um zusätzliche Fachgebiete, die Herausbildung von Fachvereinen und Berufsgruppen, der aktive und erfolgreiche Aufbau des Normenwesens, der Weiterbildung und der Rechtsberatung und nicht zuletzt das herausragende Engagement unzähliger Fachleute im Milizsystem haben die Entwicklung des SIA zum massgebenden Berufsverband für qualifizierte Fachleute der Bereiche Bau, Technik und Umwelt ermöglicht. Aber natürlich auch das Meistern von Krisen wie den wiederholten Sezessionsansätzen hat den eigenständigen, interdisziplinären Charakter des SIA als Dachverband für Architekten und Ingenieure geprägt und gestärkt.

Zu Recht darf man stolz sein auf das Erreichte, über Generationen geformte und laufend den Ansprüchen der Zeit angepasste Gebilde SIA, das heute auf einem gesunden Fundament steht. Viel Knochenarbeit, Ausdauer und Überzeugungskraft von Unentwegten steckt in den heutigen Strukturen. Als Neuling auf der Brücke darf ich feststellen, dass die Überführung des Vereins ins heutige Kommunikationszeitalter in weiten Teilen vorbildlich geglückt ist. Die Zukunft wird mit grossem Elan angegangen.

Natürlich weist ein so heterogenes Konstrukt wie der SIA auch immer wieder neuen Handlungsbedarf auf. Eine Lady von stolzen 175 Jahren plagen selbstredend auch da und dort einige Gichtstellen. Abläufe, die einer gewissen Schwerfälligkeit unterliegen, allenfalls gewisse Eigenheiten oder überzogene Komplexitätsstufen, die sich über die Zeit gefestigt haben und die einer Hinterfragung bedürfen. Möglicherweise hat sich die «Weihnachtsgans» prosperierender Zeiten zuweilen in überzähligen Fettpölsterchen niedergeschlagen. Diese zu erkennen und einen entsprechenden Verschlankungsprozess einzuleiten, wird neben dem Pflegen und Weiterentwickeln des alltäglichen Engagements eine der grossen Herausforderungen der kommenden Jahre sein.

Der SIA braucht weiterhin wache, aktive, fordernde und auch unbequeme Mitglieder. Die Sorgen und Ansprüche des einzelnen Mitglieds müssen noch stärker in die strategische Ausrichtung einfliessen, die vier Landesregionen sollen gefördert und in ihren Eigenheiten bestärkt werden. Und nicht zuletzt sollen die Kernkompetenzen wie das Normenwesen, das Schulungsprogramm und die rechtlichen Grundlagenwerke kontinuierlich weiterentwickelt werden. Die von der SIA-Direktion definierten strategischen Kernthemen Bildung, Energie, Raumentwicklung, Vergabewesen und Baukultur erfordern vereinte Kräfte, um als starke Stimme gehört zu werden und die nötigen Massnahmen in gewünschter Form voranzubringen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns ein erfolgreiches, der zukunftsfähigen Gestaltung des Lebensraums verpflichtetes, gutes neues Jahr! Es würde mich freuen, vielen von Ihnen an den verschiedenen Aktivitäten des Jubiläumsjahres zu begegnen und zusammen mit Ihnen an der Zukunft des SIA weiterzubauen.

Stefan Cadosch, Präsident SIA