30.04.2020 | sia online | Ivo Vasella

Delegiertenversammlung des SIA per Zirkularbeschluss

Neue Ehrenmitglieder, neue Themenschwerpunkte und neue Leistungs- und Honorarordnungen – die Delegierten des SIA haben die Anträge für die Delegiertenversammlung per Zirkularbeschluss verabschiedet.

Während der COVID-19-Pandemie gehen auch die SIA-Delegierten neue, virtuelle Wege: Statt sich am 24. April 2020 an der Delegiertenversammlung in Aarau zu treffen, haben die 76 SIA-Delegierten die Anträge auf digitalem Weg erhalten und per Zirkularbeschluss darüber entschieden. An der Konferenz der Sektionen und Berufsgruppen (KSB) Ende Februar in Bern wurden viele der traktandierten Geschäfte bereits eingehend besprochen. Daher wurde eine dafür bereitgestellte digitale Plattform für den gemeinsamen Austausch und die Diskussionen nur vereinzelt genutzt. Entsprechend unspektakulär sind die Abstimmungsresultate des anschliessenden Zirkularbeschlusses ausgefallen: Die Delegierten haben alle Anträge einstimmig oder mit nur sehr wenigen Gegenstimmen angenommen. Erfreulich ist die sehr hohe Stimmbeteiligung bei dieser Art der Beschlussfassung: 90 Prozent aller stimmberechtigten SIA-Delegierten haben gültige Stimmen abgegeben.

Erarbeitung einer neuen Kalkulationshilfe
Die inhaltliche Ausrichtung des Vereins wurde bereits am SIA-Forum im vergangenen Herbst diskutiert. Diese Debatte führte zur Ausarbeitung der drei strategischen Themenfelder für die Jahre 2020 und 2021, welche die Delegierten nun verabschiedet haben: Der SIA wird sich vermehrt auf die Themen «Beschaffung», «Digitale Transformation» und «Klimaschutz/Klimaanpassung» konzentrieren. Bei der «Beschaffung» steht eine ganzheitliche Strategie für die Beschaffung sowie die Begleitung der Umsetzung des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesens (BöB), der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) und der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB) im Zentrum. Ausserdem wird die Revision der Ordnungen für Leistungen und Honorare (LHO) vorangetrieben inklusive der Integration aktueller Entwicklungen aus der Digitalisierung, dem Beschaffungsrecht und der Nachhaltigkeit. Es wird zudem ein Ersatz für die nicht mehr gültige, bisherige Honorarberechnung angestrebt. Die Delegierten haben hierfür dem Antrag der Sektionspräsidentinnen und Sektionspräsidenten zur Erstellung eines WEKO-konformen SIA-Tools zur Kalkulation von Planerhonoraren innerhalb der nächsten fünf Jahre mit grosser Mehrheit zugestimmt. Die bereits gestarteten Vorbereitungsarbeiten sollen bis im Juni 2020 in einem Vorschlag an den Vorstand für das weitere Vorgehen für eine solche Kalkulationshilfe münden. Im Weiteren haben die Delegierten die zwei Ordnungen SIA 101 Leistungen der Bauherren und SIA 104 Leistungen und Honorare der Ingenieurinnen und Ingenieure in den Bereichen Wald und Naturgefahren zur Publikation freigegeben.

Klimaschutz und digitale Transformation
Im Bereich «Klimaschutz/Klimaanpassung» haben die SIA-Delegieren der Erneuerung und Erweiterung des SIA-Leitbilds zugestimmt. Damit soll gezeigt werden, wo in erster Linie Handlungsbedarf besteht und welche Normen und Ordnungen aktualisiert werden müssen.
Im Themenbereich «Digitale Transformation» haben die Delegierten den SIA damit beauftragt, eine diesbezügliche Strategie zu erarbeiten. Eine weitere Aufgabe des SIA ist es, die Planungs-, Bau- und Immobilienbranche bei dieser Transformation zu begleiten und zu unterstützen sowie entsprechende Produkte und Leistungen zu entwickeln. Der SIA wird ausserdem Haupt-Partner am «International Standards Summit» von buildingSMART im Frühling 2021 in Zürich sein.

Sektionen erhalten mehr Geld
Die Delegierten haben weiter entschieden, dass die Sektionen des SIA künftig finanziell stärker unterstützt werden. Wie die Beiträge am fairsten verteilt werden, wird eine neu gegründete Arbeitsgruppe ausarbeiten. Ausserdem haben die Delegierten die SIA-Geschäftsstelle beauftragt, gemeinsam mit den Sektionen ein Finanzierungsmodell für die künftige Unterstützung der «Beobachter für Wettbewerbe und Ausschreibungen» (BWA) zu erstellen.

Zwei neue Ehrenmitglieder
Ohne eine einzige Gegenstimme haben die Delegierten zwei neue Ehrenmitglieder, die Architekten Bernard Attinger und Uli Huber, gewählt. Bernard Attinger, Architekt SIA/DPLG Paris, erhält die SIA-Ehrenmitgliedschaft zur Würdigung seiner ausserordentlichen Verdienste für den Architektur- und Ingenieurwettbewerb und für sein Engagement für einen hochwertig gestalteten Lebensraum. Der in Biel diplomierte Architekt absolvierte eine Weiterbildung in Paris als Architekt, Urbanist und im Bereich der Soziologie und war in Sion als selbstständiger Architekt tätig, bevor er 1978 das Amt als Walliser Kantonsarchitekt übernahm. Diese Funktion übte Bernard Attinger während 29 Jahren – bis 2007 – aus. In dieser Zeit wandelte er das zuvor weitgehend freihändige Vergabesystem für den öffentlichen Bau in eine von Wettbewerben geprägte Aktivität um. Das beeinflusste die Architektur im Wallis grundlegend und führte zu einem fairen Wettbewerbswesen.
Uli Huber, Architekt SIA/BSA/SWB, erhält die SIA-Ehrenmitgliedschaft für seine ausserordentlichen Verdienste für eine hochwertige Schweizer Baukultur. Uli Huber war von 1973 bis 1999 Chefarchitekt und Leiter der Abteilung Hochbau bei der Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) in Bern. Seine Tätigkeit beschränkte sich nicht nur auf die Architektur, er kümmerte sich auch um die Gestaltung bis ins Detail: Gemeinsam mit den Grafikern Josef Müller-Brockmann und Peter Spalinger überarbeitete Uli Huber das einprägsame SBB-Signet von Hans Hartmann, setzte es in das rote Feld und kombinierte es mit «SBB CFF FFS». Ausserdem gründete er das damalige SBB-Designatelier, das unter der Leitung von Ueli Thalmann das Aussehen der damals neuen Doppelstockzüge prägte. Auch um die Dienstkleidung des SBB-Personals kümmerte sich Uli Huber mit Hilfe der Zürcher Modedesignerin Ruth Grüninger. Uli Hubers Wirken für die SBB kommt dem Charakter eines Gesamtkunstwerks nahe. Auch für den SIA engagierte sich Uli Huber zeitlebens: Er ist seit 1970 Mitglied, wirkte in SIA-Workshops zum Thema Wettbewerb und war bei der erstmaligen Vergabe der Auszeichnung «Umsicht – Regards – Sguardi» des SIA Jurymitglied.

Wahlen
Die SIA-Delegierten haben ausserdem zwei Mitglieder der Zentralkommission für Normen (ZN) für jeweils vier Jahre wiedergewählt: Barbara Sintzel, dipl. Natw. ETH/SIA, und Pasquale Petillo, Bauing. FH und Betriebsökonom. Für die Zentralkommission für Ordnungen (ZO) haben die Delegierten Andreas Steiger, dipl. Bau-Ing. ETH/SIA, und François Chapuis, dipl. Bau-Ing. FH/SIA, bestätigt sowie Heinz Ehrbar, dipl. Bau-Ing ETH/SIA, neu gewählt.