30.05.2013 | berner zeitung | Markus Zahno

Verdichten heisst das Zauberwort

Eine Person benötigt heute gut dreimal mehr Wohnfläche als vor 84 Jahren. Auch deshalb ist eine gute Raumplanung nötig, wie eine Ausstellung zeigt.

In Ittigen hat sich die Einwohnerzahl innert 50 Jahren verdreifacht, in Bolligen mehr als verdoppelt. Das Wachstum schien grenzenlos – bis zu den Gemeindeversammlungen vor 5 Jahren. Damals marschierten in Ittigen 826 und in Bolligen gar 1300 Bürger auf und sagten zu den meisten Einzonungen Nein.

Solche Entscheide sind ein wichtiges Signal, sagt Fred Baumgartner, der bis zur Pensionierung als Sektionschef im Bundesamt für Raumentwicklung ARE arbeitete. Ein Signal unter anderem dafür, dass sich die Leute Gedanken zum Boden machen. Dass ihnen zu denken gibt, wenn sie davon hören, wie in der Schweiz jede Sekunde rund ein Quadratmeter Landwirtschaftsfläche verbaut wird.

Immer mehr, immer älter

Baumgartner hat bereits mehrere Schulklassen durch die Wanderausstellung Darum Raumplanung» geführt, die derzeit in einem Schiffscontainer neben dem neuen ARE-Sitz in Ittigen zu sehen ist. Mit Worten, Filmen und Statistiken zeigen die Macher, warum Raumplanung Not tut. Sie führen zum Beispiel vor Augen, dass eine vierköpfige Familie 1929 im Schnitt 65 Quadratmeter zum Wohnen benötigte. Heute sind es 102 Quadratmeter für zwei Leute, also gut dreimal mehr pro Person.

2035 wird jede vierte Person über 65-jährig sein. Gefragt sind also verdichtete Siedlungen, in denen die Wege zum Einkaufen oder zum Arzt kurz sind. Das klingt logisch. Und doch scheint das starke Wachstum hinaus in die Fläche kaum zu bremsen zu sein, so Baumgartner.

Bei Gewerbe- und Industriezonen liege die haushälterische Bodennutzung noch sehr im Argen, sagt der Fachmann. Auf bestem Kulturland würden riesige eingeschossige Lagerhallen gebaut, die einzelnen Orte überböten sich mit grossflächigen Zonen. Das müsse ändern: Die Gemeinden sollten zusammenarbeiten, sich auf regionale Industriezonen einigen und dort Regeln für verdichtetes Bauen aufstellen.

Furgler sei Dank

Die Ausstellung befasst sich aber auch mit der Vergangenheit. In alten Tagesschau-Beiträgen ist zu sehen, wie Bundesrat Kurt Furgler für die Einführung eines Raumplanungsgesetzes warb. Der erste Entwurf scheiterte. Zu zentralistisch sei er, hiess es. Beim zweiten Anlauf Ende der 1970er-Jahre klappte es. Zum Glück, sagt Baumgartner. Oder wie sähe die Schweiz heute wohl aus, wenn jede und jeder einem Landwirt ein beliebiges Stück Land abkaufen und dort sein Häuschen bauen könnte?

Die Ausstellung ist noch bis 3. Juni offen. Do, Fr, Mo von 9 bis 18 Uhr. Worblentalstrasse 66, Ittigen. www.darumraumplanung.ch

Berner Zeitung, 30.5.13, Verdichten heisst das Zauberwort

 

 

Darum Raumplanung