23.08.2018 | tec21 | Susanne Schnell

Willkommen im Wissens- und Erfahrungspool des SIA!

Mentoren helfen Mentees. Oder in anderen Worten: SIA-Mitglieder geben ihre Berufserfahrung und ihr Wissen an ein ratsuchendes Mitglied weiter. Der SIA hat ein solches Mentoring-Programm anfangs Jahr ins Leben gerufen und ist damit auf grosses Interesse gestossen. Nun fand am 29. Juni 2018 die Startveranstaltung statt. Die Initianten, Myriam Barsuglia und David Fässler, geben Auskunft darüber, was die Teilnehmenden erwartet.

Myriam Barsuglia, David Fässler, Sie haben zusammen das Mentoring-Programm initiiert. Können Sie ganz kurz den Sinn und Zweck dahinter schildern?
Myriam Barsuglia: In der Diskussion rund um den Fachkräftemangel und die Nachwuchsförderung stellt sich immer wieder heraus, dass der Markt oft spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt, die in klassischen Aus- und Weiterbildungen kaum vermittelt werden bzw. werden können. Der SIA und seine Mitglieder bieten einen beachtlichen Wissens- und Erfahrungspool, den wir für Mitglieder, die fach- oder unternehmensspezifischen Rat suchen, zugänglich machen wollten. Mentoring bezeichnet einen Prozess, in dem eine ratsuchende Person (Mentee) durch eine erfahrene Person (Mentor_in) über einen bestimmten Zeitraum begleitet und in der persönlichen Entwicklung unterstützt wird.
David Fässler: Mentoring ist nicht neu und wird regelmässig an Universitäten, in Unternehmen und Verbänden angeboten. An der Uni war ich selber als Mentor für Uni-Einsteiger tätig. Da wurde mir bewusst, wie viel einfacher damit der Einstieg in ein neues Umfeld wird. Im Kontakt zu unseren Mitgliedern stellen wir immer wieder fest, dass genau eine solche Möglichkeit, sich einer erfahrenen Persönlichkeit anzuvertrauen, fehlt.

Ist ein „physisches“ Mentoring-Programm im digitalen Zeitalter noch zeitgemäss?

Myriam Barsuglia: Gegenseitiges Wohlwollen, Vertrauen und Verbindlichkeit sind wichtige Voraussetzungen, damit Mentoring gelingt. Diese lassen sich kaum über digitale Medien herstellen. Zudem sind die Fragen, die sich einem Mentee stellen, grundsätzlich eher komplex und bedürfen zur Klärung ein persönliches Gespräch. Ob die Mentoren und Mentees sich zwischendrin auch via E-Mail, Telefon oder Video-Konferenz austauschen, steht ihnen natürlich frei.
David Fässler: Aufgrund des eingangs Gesagten ist offenkundig, dass sich Mentor und Mentee persönlich treffen. Das ist zentral. Herausfordernd ist das Matching, also das Zusammenführen von Mentoren und Mentees aufgrund ihrer Angaben und Wünschen. Hier unterstützt die Digitalisierung enorm. Mittels eines eigens für das Mentoring-Programm entwickelten Algorithmus ist es möglich, mit vernünftigem Aufwand eine grössere Gruppe von Interessierten zu verknüpfen. Natürlich müssen die so gebildeten Tandems dann herausfinden, ob die Chemie wirklich stimmt und es zu einer längeren Zusammenarbeit kommen kann.

Als Sie das Programm den potentiellen Teilnehmern vorgestellt haben, haben sich zahleiche interessierte Mentoren und Mentees gemeldet. Warum sind Sie davon ausgegangen, dass Sie auf Zuspruch stossen werden?

David Fässler: In Gesprächen haben wir immer wieder einen Bedarf hierfür festgestellt. Eine Umfrage unter potenziellen Mentoren hat ergeben, dass insbesondere erfahrene Mitglieder gerne bereit sind, weniger erfahrene eine bestimmte Zeitlang in der persönlichen und fachlichen Entwicklung zu begleiten. Gleichzeitig gibt es viele Mitglieder, die von diesem Erfahrungsschatz profitieren möchten. Das war die Voraussetzung: Auf beiden Seiten, genügend Interessierte. So kann unser Programm funktionieren.

In welcher Form die Mentees profitieren liegt auf der Hand. Wie sieht es für die Mentoren aus? Sie stellen ihr Knowhow und ihre Zeit unentgeltlich zur Verfügung. Was springt für sie dabei heraus? Oder steht der altruistische Gedanke in diesem Fall im Vordergrund?
Myriam Barsuglia: Mentoring beruht auf dem freiwilligen Engagement beider Seiten und ist daher prinzipiell unentgeltlich. Mentoren profitieren von diesem Setting durchaus. Sie können ihr eigenes Denken und Handeln reflektieren, ihre Führungskompetenzen weiterentwickeln und auch von ihren Mentees etwas lernen. Gerade in Bezug auf soziale Medien und digitale Technologien haben Jüngere meist einen Erfahrungsvorsprung. Nicht zuletzt ist es auch bereichernd von seinem Wissens- und Erfahrungsschatz etwas weiterzugeben.
David Fässler: Auch das SIA-Mentoring-Programm ist kostenlos für alle Teilnehmenden. Während Mentoren und Mentees primär ihre Zeit investieren, bietet der SIA den Rahmen, die Plattform und die Unterstützung.

Sie haben vorab die Tandems – Mentor und Mentee – schon zusammengestellt. Auf welche Faktoren haben Sie geschaut, damit es passt?  

David Fässler: Das war eine grosse Herausforderung, weil es trotz der erfreulichen Anzahl der Teilnehmenden (über 60 Personen) eine ziemlich grosse Anzahl Personen braucht, um auch Spezialwünsche berücksichtigen zu können. So haben wir uns vor allem auf das Matching der übereinstimmenden Themen im Bereich Unternehmensführung und Fachthemen konzentriert. Daher gibt es auch das eine oder andere Tandem, das sich aus einer Architektin und einem Ingenieur zusammensetzt. Das kann funktionieren, wenn es zum Beispiel um Führungsthemen geht. Mehr wissen wir nächsten Frühling, wenn wir die Evaluation des Programms vornehmen werden.

Die Tandems haben sich anlässlich der Startveranstaltung kennengelernt. Wie geht es mit ihnen weiter? Arbeiten diese für sich autonom oder hat der SIA eine Art von Supervision inne?  
David Fässler: Die Tandems legen eigenständig fest, wie oft, wo und in welchem Rahmen sie sich treffen. Ebenso einigen sie sich über die zu behandelnden Themen. Wir vom SIA stehen zur Verfügung, wenn Fragen, Unklarheiten oder Konflikte auftauchen.

Was machen Interessenten, die erst durch dieses Interview auf das Programm aufmerksam wurden? Gibt es noch eine Möglichkeit sich dafür anzumelden?  
Myriam Barsuglia: Der gemeinsame Start und Abschluss der Tandems ist wichtig, damit alle von der gleichen Basis ausgehen und wir die Rückmeldungen am Ende der Laufzeit sammeln und mit den Teilnehmenden diskutieren können. Insbesondere auch, um das Programm weiterzuentwickeln. Das aktuell gestartete Mentoring-Programm läuft bis Ende März 2019. Danach wird es sicher eine Fortsetzung geben und wir werden zu gegebener Zeit darüber informieren.

Vielen Dank für das Gespräch.

Myriam Barsuglia, dipl. Umweltnatw. ETH/SIA, MAS urbanisme durable, Leiterin Vereinspolitik, Mitglied der Geschäftsleitung, myriam.barsuglia@sia.ch

David Fässler, Rechtsanwalt, MBA/SIA, Leiter SIA-Service, Inhaber FRED GmbH, david.faessler@sia.ch