19.09.2012 | tec21 | Markus Gehri

Das Reglement für das Normenwerk

An ihrer Frühjahrssitzung haben die Delegierten des SIA das revidierte Basisreglement für das Normenschaffen des SIA (R48) verabschiedet. Die wesentlichste Änderung besteht in der operativen Trennung der Bereiche technische Normen und Ordnungen.

Die Direktion des SIA hat bereits mehrmals die Notwendigkeit der Trennung der Zentralkommission für Normen und Ordnungen (ZNO) in einen Bereich Technik (ZN) und einen Bereich Ordnungen (ZO) bekräftigt. Angesichts der anstehenden Neuorganisation des SIA und der damit absehbaren Statutenänderung hatte die Direktion im Herbst 2011 beschlossen, sich auf das Reglement für das Normenwerk (R48) zu konzentrieren und ­keine Statutenänderungen vorzuziehen. Das R48 wurde in mehreren Anläufen innerhalb der ZNO, eines Ausschusses der ZOK, der Geschäftsleitung, des Direktionsausschusses Normen und Ordnungen und der Direktion diskutiert. Im Februar 2012 wurde eine Vernehmlassung bei den Berufsgruppen und den beiden zentralen Normenkommissionen durchgeführt. Das revidierte Reglement R48 wurde schliesslich an der Delegiertenversammlung vom 4. Mai 2012 bewilligt und die Trennung der Bereiche somit vollzogen.

Die wichtigsten Änderungen
«Das Reglement R48 regelt die Zuständigkeiten und Verfahren zur Bearbeitung und Genehmigung der durch den SIA herausgegebenen Publikationen (Normen, Ordnungen, Merkblätter, SN EN) im Normenwerk des SIA. Es regelt zudem die Tätigkeiten zur ständigen Weiterentwicklung und Pflege des Normenwerks sowie die Massnahmen zur Einführung und Begleitung der einzelnen Publikationen», wird in Art. 1.1 der Zweck und Geltungsbereich des Reglements R48 festgehalten.
Die wesentliche Änderung im neuen Reglement gegenüber der Version von 2005 besteht in der Trennung des technischen und des Ordnungsbereichs (vgl. Kasten, Art. 1.2), die sich weitgehend unabhängig voneinander entwickelt haben, vor zwölf Jahren aber aufgrund von organisatorischen und administrativen Überlegungen zusammengelegt worden waren. Die Trennung bedingt diverse Klarstellungen. Bei der Besetzung der Kommissionen ist im Ordnungsbereich verstärkt auf eine paritätische Einbindung von Partnern aus dem baulichen Umfeld zu achten. Der Umsetzung und der Anwendungsunterstützung kommt bei den Ordnungen eine grössere Bedeutung zu als im technischen Bereich. Denn im Unterschied zu den technischen Normen, die als «anerkannte Regeln der Baukunde» gelten und deshalb zwingend einzuhalten sind, bedarf es für die Anwendung von Ordnungen jeweils einer vertraglichen Vereinbarung. Weil die Freigabe der Ordnungen weiterhin der Delegiertenversammlung vorbehalten bleibt, sind auch die Genehmigungsverfahren unterschiedlich geregelt.
Zusätzlich zum Hauptaspekt der Trennung und diversen kleineren sprachlichen Anpassungen wurden folgende Punkte geändert:

  • In den Art. 4.1 und 4.2 wird eine klare Trennung der strategischen und der operativen Führung postuliert. Während die Direktion, respektive deren Ausschuss, die Strategie festlegt, liegt die operative Verantwortung bei den beiden Zentralkommissionen.
  • In Artikel 5.1 taucht neu der Begriff des Normenportfolios auf. Im Rahmen der von der Direktion festzulegenden Normungspolitik soll darin grob festgelegt werden, welche Fach- und Sachgebiete durch die Normierung des SIA erfasst werden sollen.
  • Erstmals in einem Reglement des SIA wird in Art. 7.6 der Begriff «Anwendungshilfe» verwendet und damit eine Grundlage geschaffen, die in diesem Bereich herrschende Konfusion zu klären. Anwendungshilfen werden in Form von Erläuterungen, Rechenhilfen oder Wegleitungen erarbeitet. Sie haben keine normative Bedeutung, erleichtern aber die Anwendung einer Norm.
  • In Art. 8.3 werden Aussagen zur Zusammensetzung und zum Zuständigkeitsbereich des Direktionsausschusses für Normen und Ordnungen festgehalten. Diese müssten in einer späteren Statutenrevision allenfalls noch bekräftigt werden.
  • Zusätzlich wird auf das ebenfalls neu geschaffene und von der Direktion frei ge­gebene Kommissionsreglement (R36) verwiesen. Darin enthalten sind Angaben zu Wahlverfahren, zur Organisation von Kommissionen, Zusammensetzung, Amtsdauer und Amtszeitbeschränkung.

Internet und Finanzen
Die Nutzung des Internets hat in den letzten Jahren stark zugenommen, was folgerichtig im Reglement berücksichtigt wird. Zusätzlich zu den Vernehmlassungen sollen im Internet künftig auch die neu zur Bearbeitung und zur Publikation freigegebenen Projekte abrufbar sein sowie eine jährliche Zusammenstellung aller laufenden Normungsprojekte. Neu vorgesehen sind auch die Publikation der Zusammensetzung und kurzer Jahresberichte der Kommissionen. Der Bereich Finanzen wird etwas ausführlicher geregelt. Für jedes neue Projekt wird ein ausgeglichenes Budget verlangt, wobei den Kommissionen eine Projektreserve zur Verfügung steht. Die Beziehung der bezahlten Sachbearbeiter zu den unbezahlten Kommissionsmitgliedern wird angesprochen. Desgleichen die Zuordnung der Ressourcen des Generalsekretariats zu den Zentralkommissionen


Auszüge aus dem Reglement

  • Art 1.2 Das Normenwerk des SIA gliedert sich in einen technischen Bereich und einen Ordnungsbereich. Das vorliegende Reglement R48 gilt für beide Bereiche.
  • Art 4.1 Die Erarbeitung und Pflege des Normenwerks des SIA wird durch die Direktion (DIR) strategisch geführt. Sie pflegt eine periodisch durch die Delegiertenversammlung zu genehmigende Normungspolitik (R76).
  • Art 4.2 Die operative Führung des technischen Normenbereichs obliegt der Zentralkommission für Normen (ZN). Die operative Führung des Ordnungsbereichs obliegt der Zentralkommis­sion für Ordnungen (ZO).
  • Art 5.1 Die DIR legt in der Normungspolitik fest, welche Sachgebiete (Portfolio) in dem vom SIA herauszugebenden Normenwerk abzudecken sind. Neu einzubindende oder aufzugebende Sachgebiete sind durch die DIR zu genehmigen und in der Normungspolitik (R76) nachzuführen.
  • Art. 7.6 Zur Unterstützung der Anwendung der Normen, Ordnungen und Merkblätter können durch die Kommissionen Anwendungshilfen erarbeitet werden. Diese haben keine normative Bedeutung und gelten deshalb nicht als Bestandteil des Normenwerks.
  • Art. 8.3 Die DIR ernennt aus ihren Mitgliedern einen Ausschuss NOA, der für die strategische Führung des Normenschaffens zuständig ist. Die Präsidenten der ZN und der ZO sind ständige Mitglieder dieses Ausschusses. Gäste können bei Bedarf eingeladen werden. Der Direktionsausschuss für Normen und Ordnungen hat ein Pflichtenheft, das durch die DIR genehmigt werden muss.

Die Reglemente R48 für das Normenwerk und R36 Kommissionsreglement sind auf der SIA-Website abrufbar: www.sia.ch > dienstleis­tungen > sia norm > normenschaffen