16.01.2013 | tec21 | Jürg Fischer
Baufachleute sind KonfliktbewältigerBauen verändert die vertraute Umwelt. Dies betrifft Bauherrschaften, Architekten, Ingenieure und Ausführende, oft auch Nachbarn, Behörden, Kunstschaffende und die Öffentlichkeit. Dabei treffen unterschiedliche Interessen aufeinander: Baufamilien setzen ihre Unterschrift unter den wichtigsten Vertrag ihres Lebens, für die Planer handelt es sich dagegen mitunter um einen Auftrag unter vielen. Wo gearbeitet und entschieden wird, passieren Fehler. Dies bringt unterschiedliche Standpunkte und Wahrnehmungen mit sich, die zu Auseinandersetzungen führen können. Deshalb finden sich Baufachleute immer wieder in Situationen, in denen die Beteiligten nicht verträgliche Standpunkte vertreten, die den Baufortschritt behindern oder gar verunmöglichen. Solche Situationen müssen zum Gelingen des Projektes rasch gelöst werden. Wie solche Konflikte aussehen können, verdeutlichen die beiden folgenden Beispiele: «Seit einem Jahr ist das Wohn- und Geschäftshaus fertiggestellt, alle Wohnungen sind vermietet und wir als Bauherrschaft schätzen die architektonische Qualität. Doch betreffend Umfang und Honorar der erbrachten Planerleistungen ist bis heute keine Lösung in Sicht.» im direkten gesprächJetzt ist die Kompetenz der Ingenieure und Architekten zur Konfliktbewältigung gefragt. Die beiden Autoren haben im Rahmen ihrer Mediationsausbildung das Konfliktverhalten der Baubeteiligten untersucht. Sie sind unabhängig voneinander zum Schluss gekommen, dass Baufachleute allgemein eine hohe Konfliktlösungskompetenz aufweisen. Vermutlich befähigt sie ihre stark kompromissund lösungsorientierte Arbeitsweise dazu. Als Einstiegsstrategie zur Lösungsfindung wird üblicherweise das Gespräch und das Mediation Mediation ist ein Verfahren zur Lösung von Konflikten und von komplexen Fragestellungen. Die Parteien – zwei oder mehrere - legen ihre Sicht der Dinge offen und formulieren ihre Interessen und Ziele. Durch die vertiefte Auseinandersetzung entstehen Offenheit und Verständnis für die Argumente der Gegenpartei. Sobald die Interessen und Bedürfnisse bekannt sind, ist der Streit im Prinzip gegenstandslos. Dann werden Optionen gesucht und Lösungen angeboten. Mediation wird mit einer schriftlichen, direkt umsetzbaren Vereinba-rung abgeschlossen. Der neutrale Mediator leitet und ermöglicht das interessenbezogene Verhandeln. Die Lösungsfindung erfolgt durch die Parteien. Besonderheiten des Mediati-onsverfahrens sind zukunftsgerichtete, kreative und differenzierte Lösungen, die von den Beteiligten alleine nicht gefunden würden. Dies ist ein entscheidender Mehrwert. direkte Verhandeln zwischen den Beteiligten gewählt. Das Vorgehen ist effizient, werden doch über 90 % der Konflikte im Bauwesen auf diese Art gelöst. Aber was passiert in den Fällen, in denen die Strategie des Gesprächs nicht zum Ziel führt? alternativstrategienObwohl die Beteiligten im ersten Schritt keine gemeinsame Lösung gefunden haben, können sie sich im Allgemeinen auf das weitere Vorgehen einigen. Meist werden dann ein oder mehrere Sachverständige beigezogen, die je nach Konfliktinhalt über technisches und/oder juristisches Wissen verfügen und eine ausgewogene Lösung zur Beendigung des Konfliktes vorlegen sollen. Ein Plädoyer für MediationDie im Bauwesen praktizierte Vorgehensweise, die Lösung zuerst zwischen den Beteiligten zu suchen, ist pragmatisch und aufgrund der hohen Erfolgsquote immer lohnenswert. Beim zweiten Schritt der Lösungsfindung – dem Zuzug von Dritten – lohnt es sich, bewusst zu wählen, da die Wahl das weitere Vorgehen und das Resultat in hohem Masse beeinflusst. vertragliche festlegungMediation als Konfliktlösungsmethode ist dank spezifischer Eigenschaften vielfältig einsetzbar und häufig die zweckmässigere Methode. Seit 2001 findet sich in den Planerverträgen des SIA eine Mediationsklausel und seit 2004 enthält auch der Generalunternehmervertrag des SIA eine solche Klausel. Mediation kann somit einfach vertraglich vereinbart werden. Jürg Fischer, Prof. dipl. Bauing. FH, Mediator, fischer@timberconsult.ch Anita Lutz, dipl. Bauing. ETH/SIA, Mediatorin, lutz(at)drvollenweiderag.ch
MediationMediation ist ein Verfahren zur Lösung von Konflikten und von komplexen Fragestellungen. Die Parteien – zwei oder mehrere - legen ihre Sicht der Dinge offen und formulieren ihre Interessen und Ziele. Durch die vertiefte Auseinandersetzung entstehen Offenheit und Verständnis für die Argumente der Gegenpartei. Sobald die Interessen und Bedürfnisse bekannt sind, ist der Streit im Prinzip gegenstandslos. Dann werden Optionen gesucht und Lösungen angeboten. Mediation wird mit einer schriftlichen, direkt umsetzbaren Vereinba-rung abgeschlossen. Der neutrale Mediator leitet und ermöglicht das interessenbezogene Verhandeln. Die Lösungsfindung erfolgt durch die Parteien. Besonderheiten des Mediati-onsverfahrens sind zukunftsgerichtete, kreative und differenzierte Lösungen, die von den Beteiligten alleine nicht gefunden würden. Dies ist ein entscheidender Mehrwert. |
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